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Ortsverein Karlsruhe-Mitte

Theorie & Diskussion

Konzept, breit aufgestellt

Mit der Gründung des Instituts Solidarische Moderne soll in einem zukünftigen rot-rot-grünen Bündnis nun auch die linke Flanke besetzt werden. Emanzipation sollte man damit aber nicht verwechseln.

von Axel Berger

Langweilig sind die politischen Konstellationen in der Spaßgesellschaft nach der Krise geblieben. Vor zwei Jahrzehnten hätte es immerhin noch ein wenig politisches Spektakel und Rauschen im Blätterwald versprochen, dass vermeintliche Parteilinke von SPD und Grünen mit Funktionären der Partei »Die Linke«, vormals PDS bzw. SED bzw. beides zusammen, ankündigen, gemeinsam ein Institut zu gründen. Nun will sich nicht einmal Springers Welt noch über »das Versuchslabor für Rot-Rot-Grün« echauffieren. Dass einige ihrer Leser im Internet die Kommentarfunktion nutzten, um vor der »DDR 2.0« (pio) zu warnen oder den Protagonisten des neu gegründeten Instituts Solidarische Moderne (ISM) empfehlen, einen »Einbürgerungsantrag in Venezuela« (wah wah) zu stellen, kann da auch keine Abhilfe schaffen. Eine rot-rot-grüne Koalition wird zwar inzwischen allgemein als reale Möglichkeit anerkannt, aber von niemandem mehr so recht gefürchtet. Immerhin sollte es nun höchste Zeit sein, einem solchen Bündnis irgendeinen politischen Sinn zu verleihen.

So traten Anfang Februar die in Hessen mit der Bildung einer rot-rot-grünen Koalition gescheiterte Sozialdemokratin Andrea Ypsilanti, der ehemalige Attac-Frontmann und nunmehrige grüne Europa-Parlamentarier Sven Giegold und die stellvertretende Vorsitzende der »Linken«, Katja Kipping, an die Mikrophone, um die Gründung der »Denkfabrik« ISM zu verkünden. Ganz so pompös wie 1848, als Marx und Engels dem »Märchen vom Gespenst des Kommunismus ein Manifest der Partei selbst« entgegenstellten, war der Ton nicht, aber ganz so harmlos, wie es dann aufgenommen wurde, klang es nun auch wieder nicht. Nichts Geringeres als ein »substantieller politischer Gegenentwurf zur Ideologie des Neoliberalismus« soll vom neuen Think Tank der Linken erarbeitet werden.

Unterstützung haben sich die drei dazu von außerparlamentarischen Linken wie Thomas Seibert, linken Wissenschaftlern, allen voran Elmar Altvater, Journalisten, Gewerkschaftern und weiteren Politikern der drei parlamentarischen Oppositionsparteien geholt. Die Ziele dieses Gegenentwurfs werden in Stichworten angedeutet, ihre genaue Ausarbeitung und Einbettung in ein Gesamtkonzept soll die Aufgabe der Stiftung in den nächsten Jahren darstellen. Von den Forderungen nach sozialer Demokratie, »ökologischer Gerechtigkeit«, humanistischer Bildung bzw. kultureller Emanzipation und Geschlechtergerechtigkeit bis hin zu einer solidarischen Weltordnung und mehr demokratischer Beteiligung enthält der Gründungsaufruf alles, was nach dem Geschmack der verbliebenen bundesrepublikanischen Linken ist. Kurzfristiger Zulauf dürfte dem ISM und seinen angekündigten zwei Tagungen in diesem Jahr damit sicher sein.

Inhaltlich erinnert das ISM nicht zufällig an ­Attac – allerdings ohne den typischen Bewegungscharakter. Das ISM ist vielmehr von vornherein über seine Mitglieder institutionell verankert. Es ist insofern alles andere als spekulativ, die Stiftung als Vorbereiterin rot-rot-grüner Koalitionen anzusehen. Zwar sei dies nicht »unser erster Gedanke« gewesen, teilte Ypsilanti den wartenden Journalisten mit, aber im Gründungsaufruf wird genau dieses Ziel explizit benannt. »Die Idee einer solidarischen Moderne ist unser Beitrag dazu«, heißt es dort, »dass aus der danach fragenden gesellschaftlichen Mehrheit wieder eine politische Mehrheit in demokratischen Wahlen wird.« Neben der »Oslo-Gruppe« – einem ebenfalls aus den drei Parteien zusammengesetzten Gesprächskreis, der sich nach der norwegischen Regierungskoalition benannt hat und überwiegend aus pragmatischen Jungparlamentariern besteht – gibt es nun eine zweite Gruppe, die offensiv auf die Ablösung der schwarz-gelben Regierungskoalition durch ein linkes Bündnis hinarbeitet, das angesichts der Schwäche der SPD und dem begrenzten Wählermilieu der Grünen langfristig die einzige Alternative zu einer christdemokratisch-liberalen Dauerregierungskonstellation (mit Grünen oder ohne) darstellen dürfte.

Im Gegensatz allerdings zur sowohl inhaltlich als auch personell an Avantgardismus kaum zu unterbietenden »Oslo-Gruppe« soll es beim ISM nicht lediglich um die Verständigung über mögliche Kompromisse, also die Einübung von Koalitionsgesprächen, gehen, sondern darum, »fernab der Tagespolitik über eine Vision für eine neue Gesellschaft zu diskutieren«, so Ypsilanti. Der Vorstellung von »Politik mit dem Rechenschieber« (Christoph Spehr in der Jungle World Nr. 5/2010) seitens der »Oslo-Gruppe« wollen die Initiatoren des ISM den Anspruch entgegenhalten, »Konzepte zu entwickeln, die darauf abzielen, parlamentarische Mehrheiten zu finden«.

Die Idee dahinter ist für Linke durchaus attraktiv. Geht es doch weniger um einen Kompromiss mit den Hartz- und Kriegsparteien der Schröder-Fischer-Jahre, sondern um einen Politikwechsel dieser Parteien, der unter anderem von der neu gegründeten »Denkfabrik« vorbereitet werden soll: Synthese statt Schnittmenge.

Dass sich die Angst in den Vorstandsetagen, Zeitungsredaktionen und auf den Regierungsbänken trotzdem in Grenzen gehalten hat, liegt zunächst tatsächlich an der Arithmetik – allerdings innerhalb der Oppositionsparteien. Die Protagonisten des Politikwechsels sind im Falle der SPD und der Grünen Außenseiter, die über so gut wie keine Möglichkeiten verfügen, die jeweilige Parteilinie zu verändern. Für beide Parteien könnte es langfristig erfolgversprechender sein, der FDP die Rolle des Juniorpartners der CDU/CSU streitig zu machen. Zudem hat auch die »Linke« in Berlin, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und unzähligen Kommunen im Osten längst bewiesen, dass sie im Sinne der Herstellung bestmöglicher Rahmenbedingungen für die Verwertung des Kapitals zuverlässig ist. Experimente stören da nur.

Dennoch ist das Treiben nicht wertlos oder gar naiv. Denn während es den klassischen Formationen der bürgerlichen Gesellschaft ausreicht, partikulare Interessen zu bedienen und ein Gefühl systematischer Sicherheit zu vermitteln, braucht die »Linke des Kapitals« (Johannes Agnoli) auch eine »Vision«. Konservative und Liberale leiden daher weniger darunter, dass sie sich permanent an die häufig sehr kurzfristigen Anforderungen der Kapitalverwertung anpassen. Die Akzeptanz des Sachzwangs ist hier geradezu Programm.

So kann die CDU die Homo-Ehe genauso verkraften wie die FDP die Eingriffe in den Markt, die zudem noch die eigene Klientel bedienen. Anders ist das bei den Reformisten aller Couleur. Nicht, dass noch jemand ernsthaft von ihnen Reformen im Sinne wachsenden Wohlstands für die Massen erwarten würde, aber die Vorstellung davon unterscheidet sie von ihren bürgerlichen Gegnern. Der »demokratische Sozialismus«, den die SPD in ihren Oppositionsjahren stets hervorholte, hat sich abgenutzt, so ist die »solidarische Moderne« nun in ihrer Abgrenzung zu den vormaligen Konzepten der »industriellen Moderne« und der »Postmoderne« gleichzeitig die überwindende Antwort auf die stete Anpassungsleistung und ihre Enttäuschungen wie die Antizipation der neuerlichen.

Sollte eine Koalition aus SPD, Grünen und der »Linken« tatsächlich 2013 zustande kommen, dann dürften das Gerangel um Posten und das gegenseitige Kennenlernen der Nachwuchspolitiker der »Oslo-Gruppe« daran mehr Anteil haben als die Arbeit des ISM. Unverzichtbar ist sie dennoch. Es ist ein bisschen wie in den Geburtsvorbereitungskursen der diversen Geburtshäuser. Das Training, die Atemübungen, das Baucheinschmieren und die Unterweisung im richtigen Baden der Kleinen wäre nur halb so lustig ohne die Bastelei mit den Mullwindeln, die seit der Erfindung der Einwegwindeln zwar völlig sinnlos ist, aber den ökologischen Wohlfühlaspekt und einige Gruppendynamik bringt. Oder, um es mit Sven Giegold zu sagen: »Uns geht es um eine breit aufgestelltes Politikkonzept.«

 
 

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