U-Strab Diskussion

Ex-VBK-Planer : "Bin für einen Tunnel, aber nicht so wie geplant"

Aus Ka-news

Karlsruhe (smj) - Der freiberuflich tätige Verkehrsplaner Axel Kühn war einer der ganz wenigen ausgewiesenen Fachleute, die bei den Anhörungen zur
Planfeststellung "Kombilösung" im Frühjahr 2006 kritische Anmerkungen zur Leistungsfähigkeit des Kaiserstraßentunnels machte. Er sieht das
Karlsruher Jahrhunderprojekt auch heute noch mit skeptischen Augen, wie er im ka-news Gespräch darlegt. Die Besonderheit: Als ehemaliger
VBK-Mitarbeiter war er an der ersten U-Strab-Variante vor 1996 mit beteiligt.

Im Gespräch mit ka-news-Redakteur Stefan Jehle legte der 50-jährige Fachmann Kühn ausführlich dar, dass er die bestehenden
Planungen für verbesserungswürdig hält. Die von dem Münchner Büro Vieregg & Partner in der vergangenen Woche vorgelegten
Berechnungen kommen für ihn "nicht überraschend". Deutliche Kritik übt er daran, dass man verschiedene Gutachten der Öffentlichkeit
vorenthält.
ka-news: Sind Sie überzeugt davon, dass Karlsruhe - und das international bekannt gewordene Karlsruher Modell - einen Tunnel unter
der Kaiserstraße braucht?
Axel Kühn: Einen Tunnel vielleicht ja, aber nicht den Tunnel wie er jetzt geplant ist.
ka-news: Verfolgen Sie die aktuellen Planungen für die so genannte "Kombilösung", die Ergebnis eines Bürgerentscheids aus dem Jahr
2002 ist?
Kühn: Selbstverständlich. Ich bin Karlsruher Bürger und fühle mich auch im weitesten Sinne selbst betroffen, nach dem ich selbst ja bei Fertigstellung des Vorhabens nicht mehr
die Möglichkeit haben werde, vom Kolpingplatz direkt zum Marktplatz zu fahren. Dass das aber beispielsweise jemandem aus Freudenstadt oder aus Pforzheim möglich sein soll,
darüber macht man sich so seine Gedanken. Bei der bisherigen Linie 4, die ja die Karlstraße bedient, müssen die Südweststadtbürger am Europaplatz umsteigen - oder den Rest
zum Marktplatz zu Fuß gehen. Ähnliches gilt für heutige Nutzer der Werderstraße/Rüppurrer Straße und ganz grundsätzlich noch weitere Karlsruher Stadtteile.
ka-news: Man will die Bahnen in der Kaiserstraße eine Etage tiefer legen, umlegen von oben nach unten und einen Teil in die Kriegsstraße quasi "auslagern". Ist es für Sie denkbar,
dass man dadurch die gleiche Kapazität an Bahnen durch das Nadelöhr Innenstadt schleusen kann wie bislang?
Kühn: Die Kriegsstraße, so wie sie derzeit konzipiert ist als Straßenbahntrasse, wird nicht wesentlich zu einer Entlastung der Kaiserstraße beitragen können. Man hat ja ganz
bewusst die Kriegsstraße nicht zu einer Hauptachse ausbauen wollen, weil die wichtigen Linien, Zitat, "müssen alle in der Kaiserstraße fahren". Für die Kaiserstraße selbst habe ich
durchaus meine Bedenken, denn "historisch" gesehen galt es lange Zeit als undenkbar, alles das was heute oben fährt, künftig in einem zweigleisigen Tunnel unterzubringen.
ka-news: Vergangene Woche monierte das Münchner Büro Vieregg & Partner, dass im Tunnel nur etwa 20 Prozent weniger Züge verkehren könnten als oberirdisch. Kommt das für Sie überraschend?
Kühn: Nicht wirklich. Ähnliche Hinweise habe ich vor einigen Jahren im Rahmen meiner Einwendungen zum Planfeststellungsverfahren geltend gemacht. Dabei habe ich unter
anderem gefordert, dass die Studie zur Leistungsfähigkeit des Tunnels auch offizieller Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses hätte sein müssen, um sie einer Überprüfung
zugänglich zu machen. Das ist aber nicht geschehen.
ka-news: Welche Konsequenz ergibt sich daraus für Sie als Verkehrsplaner?
Kühn: Ich kann es nicht nachvollziehen, dass diese Unterlage nicht beigefügt wurde - wie es mit anderen Gutachten außerhalb der eigentlichen Pläne zur Planfeststellung ja
durchaus geschieht, so zum Thema Schall oder Erschütterungen. Die Studie zur Leistungsfähigkeit gehörte ebenso wenig dazu wie die Standardisierte Bewertung, die ja der
Öffentlichkeit auch nicht vorliegt.
ka-news: Wird das in anderen Städten und deren Verkehrsvorhaben auch so gehandhabt?
Kühn: Sie finden bei einigen Städten die Standardisierte Bewertung und entsprechende Ergebnisse sogar im Internet, beispielsweise im Fall Bremen. Im Ausland ist die
Transparenz und Bürgerbeteiligung nach meinen Eindrücken noch deutlich größer.
ka-news: Kaiserstraße und Kriegsstraße zusammen ergeben die Kombilösung. Noch ist offen, ob die Kriegsstraße bezuschusst wird. Noch nicht einmal die Pläne liegen vor. Wie
realistisch ist es für Sie, beide Bestandteile umzusetzen?
Kühn: Es ist nicht meine Absicht, in allen Punkten von vornherein misstrauisch zu sein. Grundsätzlich kann ich es mir nicht vorstellen, dass irgendein Politiker, der die Kombilösung
in den letzten Jahren vertreten und beworben hat, es sich leisten kann, dann den Teil, mit dem man die Zustimmung zum Kaiserstraßen-Tunnel ja "erkauft" hat, nämlich den
Umbau der Kriegsstraße, wegfallen zu lassen und nicht zu realisieren. Aber in einigen Jahren haben wir wieder einen anderen Gemeinderat, und vielleicht auch veränderte
Voraussetzungen. Je weiter die Zeit fortschreitet, desto eher ist vielleicht zu befürchten, dass sich die nachkommenden Verantwortlichen nicht mehr an das erinnern, was einstmals
beschlossen und zugesagt wurde.
ka-news: Vieregg & Partner spitzt die Aussage zu, das System der Kombilösung könne so wie geplant nie und nimmer funktionieren. Stimmt das aus Ihrer Sicht?
Kühn: Das Gutachten hat einige meiner Gedanken bestätigt, die ich schon vor Jahren gehegt habe. Es ist sicherlich möglich, eine theoretische Leistungsfähigkeit rein auf die
Tunnelstrecke hin zu berechnen. Aber wie Vieregg & Partner auch ausführen, liegt ein großes Problem auf den Zulaufstrecken - sprich: der Verknüpfung ins Netz der Deutschen
Bahn hinein für die Regionalstadtbahnen, aber auch das oberirdische Stadtnetz insgesamt - und da die richtige Taktung aufrecht zu erhalten. Da gibt es keinerlei Gewähr dafür,
dass diese schön im richtigen Abstand von allen Richtungen her nacheinander in den Tunnel einfahren. Ein weiteres Problem sehe ich in der Gestaltung der Haltestellen, die mit der
Mischung aus Niederflurfahrzeugen und Mittelflurfahrzeugen sowie unterschiedlichen Bahnsteighöhen im Tunnel die Leistungsfähigkeit nochmals weiter herabsetzt oder zumindest
beeinflusst. Diesen Punkt hat Vieregg & Partner meines Wissens nicht thematisiert.
ka-news: Im Juni 2006 hatten Sie sich als mit der Nummer [159] benannter Einsprecher in die Anhörung des Planfeststellungsverfahrens eingeklinkt. Das war also tiefere
Überzeugung eines ausgewiesenen Fachmanns?
Kühn: Selbstverständlich. Es fällt einem nicht unbedingt leicht, wenn man zehn Jahre selbst in einem Unternehmen tätig war, sozusagen dann gegen die eigenen Kollegen
anzutreten. Ich habe ja auch an der früheren U-Strab-Planung, die dann im Referendum 1996 gescheitert ist, selbst intensiv an den Planungen mitgewirkt. Von daher habe ich auch
schon eingangs betont, dass ich nicht grundsätzlich gegen einen Tunnel bin, aber gleichzeitig der Überzeugung bin, dass die jetzt verfolgte Lösung mit dem Verlust der ebenerdigen
Straßenbahn für Karlsruhe nicht die richtige Lösung ist.
ka-news: Da spricht also der Karlsruher Bürger und der Planer in einer Person?
Kühn: Sowohl als auch. Ich bin hier geboren, und lebe seitdem hier. Mit der Entfernung von einer Stunde zum Frankfurter Flughafen kann man trotzdem international arbeiten,
denken und handeln. Ich habe auch hier an der einstigen Fachhochschule, die sich heute Hochschule für Technik nennt, studiert.
ka-news: Sie hatten in den Einwendungen zur Planfeststellung moniert, dass Sie einen Abwägungsmangel erkennen würden. Aus Ihrer Sicht sollten nur die "wirklich störenden
Bahnen" in den Tunnel. Die Niederflurwagen gehörten weiter in die Kaiserstraße oberirdisch, sagten Sie damals - dazu brauche man vier Gleise, zwei oben, zwei unten, sonst sei die
Leistungsfähigkeit nicht gegeben...
Kühn: Das war auch bis einschließlich 1996 die geltende Auffassung im Hause VBK, dass eine Entlastung mit nur zwei Gleisen nicht machbar ist. Hinzu kommt, dass es hier nicht
nur um die mangelnde Leistungsfähigkeit in einem zweigleisigen Tunnel geht. Ich bin auch der Überzeugung, dass es gegen alle Entwicklungen in modernen Städten ist, die
Straßenbahnen aus der Fußgängerzone beziehungsweise dem Stadtzentrum heraus zu nehmen. Das ist eigentlich ein Planungsansatz der 70er Jahre, das macht heute keine Stadt
mehr. Im Ausland finden sie zahlreiche Beispiele, wo Städte, die schon eine Metro haben, heute zusätzlich wieder Straßenbahnen oberirdisch bauen. Von daher ist das, was
Karlsruhe hier betreibt, für mich mit Sicherheit nicht Stand der Technik - und auch nicht moderner Stadtplanung.
ka-news: Der ehemalige VBK-Chef Dieter Ludwig, Ihr ehemaliger Chef, wird immer wieder zitiert, wie er vor Jahren gesagt habe, der Tunnel sei eine Entlastung für die weiterhin
auch oberirdisch mit Schienen ausgelegten Kaiserstraße...
Kühn: Wie gesagt: Solange ich im Hause VBK tätig war, war immer einhellige Aussage, dass es nur darum geht, eben einen "Bypass" unterirdisch zu schaffen. Die Zielsetzung war
damals die großen und schweren Stadtbahnfahrzeuge in den Tunnel zu bringen, und die Niederflurstraßenbahnwagen oben zu belassen. Der Bürgerentscheid 1996 hat aus meiner
Sicht damals leider die Lösung beerdigt die für die Stadt besser gewesen wäre. Das war leider aber für den Bürger schlecht erkennbar, da zunächst nur die Ost-West-Achse
realisiert worden wäre und damit die beabsichtigte Trennung Regionalstadtbahn unten - Straßenbahn oben für viele Jahre noch nicht funktioniert hätte.
ka-news: Nochmals zu der Anhörung 2006: Die Antwort der Sitzungsleiterin lautete, auch bei der Kombilösung gebe es vier Gleise - zwei im Tunnel, und zwei oberirdisch - unter
Berücksichtigung der Südentwicklung...
Kühn: Im Prinzip war damit wohl ausgesagt, dass die Kriegsstraße die oberirdische Ersatzfunktion wahrnehmen soll. Das steht allerdings im Widerspruch zu der sonst
gebetsmühlenartig wiederholten Auffassung alles müsste durch die Kaiserstraße.
ka-news: Für Sie ist die Aussage, die Sie in der öffentlichen Anhörung zur Planfeststellung trafen, sozusagen ein physikalisches
Naturgesetz, das man nicht außer Kraft setzen kann.
Kühn: Ich habe gelernt, dass man mit einem signalgesicherten System, das wir im Tunnel ja haben werden, einfach bestimmte
Zugfolgezeiten nicht unterschreiten kann. Mir sind in den letzten Jahren und Jahrzehnten keine technischen Fortschritte bekannt
geworden, die es ermöglichen, dass man signalisiert unter 90 Sekunden im Zugabstand kommt - und das ist schon die unterste Grenze.
ka-news: Das heißt, der Straßenbahnverkehr, der oben läuft, kann nicht eins zu eins in gleicher Art und Weise unterirdisch verkehren.
Kühn: Richtig. Ich hätte es ja sehr spannend gefunden, einmal zu sehen, mit welcher Begründung das in einem nicht-öffentlichen Gutachten zur Leistungsfähigkeit plötzlich für
möglich erklärt wurde. Dabei sprechen wir ja nicht einmal von einer einfachen zweigleisigen Strecke, sondern zusätzlich auch noch von einem höhengleichen Abzweig am
Marktplatz. Was natürlich nochmals eine zusätzliche Erschwernis darstellt.
ka-news: Oberirdisch, so sagen Fachleute, ist in der Kaiserstraße die Zugfolgezeit 80 Sekunden, unterirdisch, sagt Vieregg & Partner, sei minimum 107 Sekunden Abstand
überhaupt denkbar. Darunter gilt als nicht realistisch?
Kühn: Die üblichen maximalen Größenordnungen im Tunnel bewegen sich bei 90 bis 120 Sekunden Zugfolgezeit. Aufgrund der "Störung" durch den Südabzweig bewegt man sich
realistisch eher am oberen Rand, das heißt eher bei 120 Sekunden.
ka-news: Sie sagen aber auch, unter 90 Sekunden kann es so oder so nicht funktionieren?
Kühn: Mir ist keine Tunnelstrecke in Deutschland oder in Europa bekannt, die in dieser Form betrieben würde, wie es in Karlsruhe geplant ist.
ka-news: An anderer Stelle hieß es, es bestehe keine Notwendigkeit, der KASIG vorliegende Betriebsgutachten der ptv und der DE-Consult in einer breiten Öffentlichkeit zu
diskutieren. Es gehe um Fachgutachten, die von Fachleuten zu überprüfen seien. Sehen Sie das auch so?
Kühn: Im Prinzip nein. Wenn diese Gutachten darüber ganz grundsätzlich entscheiden, in welche Richtung ein Projekt sich orientiert, und wenn darauf auch die grundsätzliche
Machbarkeit aufsetzt, dann denke ich schon, dass auch derartige Gutachten der Öffentlichkeit zugänglich zu machen sind.
ka-news: Da ist es möglicherweise nachvollziehbar, wenn bei derartiger Geheimniskrämerei Misstrauen in der Bevölkerung entsteht.
Kühn: Ich bin grundsätzlich ein positiv denkender Mensch, aber ein gewisses Fragezeichen ist da durchaus angebracht. In Deutschland, und dies kann ich aus meiner
internationalen Tätigkeit ganz gut beurteilen, sieht man grundsätzlich wenig Bedarf für "zweite Meinungen", das heißt Alternativprüfungen oder -gutachten. Dazu lässt man sich
allenfalls von der Planfeststellungsbehörde zwingen. Man kann auch gespannt sein, wie jetzt die "offizielle" Reaktion auf das Vieregg-Gutachten ausfällt.
ka-news: Überschlägig kann man sagen, so Fachleute, dass von durchschnittlich sieben Linien in der Kaiserstraße - der Ost- und Westteil wird von unterschiedlich vielen Linien
frequentiert - fünf in den Tunnel passen. Zwei müssten also oben bleiben. Ist das eine realistische Aussage?
Kühn: Von den Größenordnungen her gesehen sicherlich. Dass man möglichst viel in den Tunnel zu packen versucht, ist bei den anstehenden Investitionssummen sicherlich auch
vernünftig. Den Tunnel nicht ausreichend zu nutzen und mehr oben zu lassen, als nötig, wäre nicht sinnvoll. Wenn es allerdings zu einer Konzeption käme, die Überlegungen wieder
aufleben ließe, oben und unten weiter Straßenbahnbetrieb zu haben - also Planungen wie sie vor 1996 anstanden - dann würde sich auch das Linienkonzept insgesamt wieder
verändern und dann würden wahrscheinlich mehr als zwei Straßenbahnlinien in der Kaiserstraße fahren.
ka-news: Sind fünf Linien im Betrieb unterirdisch im Tunnel realistisch?
Kühn: Ich denke, das sollte machbar sein, solange wir von Linien im Zehnminutentakt (maximal) sprechen.
ka-news: Sprich: mindestens zwei Linien müssen oben bleiben. Die Kriegsstraße muss also kommen, und falls der Umbau Kriegsstraße nicht kommen würde, dann verblieben
diese zwei Linien oberirdisch in der Kaiserstraße?
Kühn: Richtig, das ist korrekt. Ich sehe eh ein riesiges Problem darin, zu einem Stichtag x die Bahnen unten in den Tunnel zu verlegen, sich gleichzeitig oberirdisch schon mit dem
Abbau der Schienen zu beschäftigen - um sozusagen den endgültigen Ausbau der Kaiserstraße bei der Einweihung schon der Öffentlichkeit zu präsentieren. Das ist aus meiner Sicht
nicht möglich. Der "worst case" wäre, oben alles abgerissen zu haben, man fährt dann durch den Tunnel und stellt fest, das reicht aber nicht...
ka-news: Kann die Kombilösung, realistisch gesehen, überhaupt eine Ausweitung der Kapazität bewirken? Geht es nicht vielmehr um einen Erhalt des Status quo?
Kühn: An der Stelle ist dann zu diskutieren, welche Linien kommen gegebenenfalls noch dazu. Da ist innerhalb des Stadtgebietes die Phantasie bezüglich völlig neuer Linien
sicherlich weitestgehend am Ende, zu fragen ist aber, ob man Taktverdichtungen vornimmt, was ja im Prinzip das gleiche ist wie eine neue Linie. Wenn ich von einem
10-Minuten-Takt auf 5 Minuten gehe, ist das soviel wie eine neue Linie. Das ist sicherlich zu diskutieren.
ka-news: Platt und zugespitzt könnte man als Laie zusammengefasst sagen, wir bauen jetzt einfach mal einen Tunnel und schauen, was da rein passt.
Kühn: Fakt ist für mich, dass man der Öffentlichkeit die Flaniermeile in der Kaiserstraße versprochen hat. Und das ist Gegenstand des Planfeststellungsbeschlusses. Ich wäre froh
gewesen über einen Planfeststellungsbeschluss, der einen Teil der Schienen oben erhält - und damit eine gewisse Flexibilität. Aber das würde auch bedeuten, dass die Stadt etwas
versprochen hat was sie dann nicht halten kann. Und das dann im Prinzip nicht dem entspricht, was im Planfeststellungsbeschluss festgelegt ist.
ka-news: Ihre Prognose: Gibt es zum Stadtgeburtstag im Jahr 2015 einen Tunnel, der dann auch in Betrieb gehen kann?
Kühn: Darüber mache ich mir die allerwenigsten Gedanken, ob der 2015 in Betrieb ist oder nicht. Aus meiner Sicht ist es viel kritischer und auch viel wichtiger, jetzt erst mal sicher
zu stellen, dass man das, was man baut, so wirklich braucht und, wenn man davon überzeugt ist, sicherstellt, dass es auch richtig funktioniert. Ob das dann 2015 oder auch erst
2017 fertig wird, ist aus meiner Sicht nicht entscheidend. Bei mir bleiben die Zweifel daran, ob die Attraktivität der Karlsruher Fußgängerzone wirklich davon abhängt, dass dort
keine Schienen mehr liegen. Da kann man durchaus anderer Meinung sein - es gibt attraktive Fußgängerzonen mit Straßenbahn und leider sehr viele unattraktive ohne
Straßenbahn.
ka-news: Da könnte man dann am Oberrhein, vergleichbar, zuallererst an Straßburg denken. Wie bewerten Sie die dortigen Straßenbahnen, die oberirdisch verkehren und sich
optisch ja unheimlich gut in das Stadtbild einfügen?
Kühn: Straßburg ist ein sehr nettes Beispiel, weil man dort auch zunächst über einen Tunnel nachgedacht hat und dann eine oberirdische Straßenbahn daraus gemacht hat. Mit
einer einzigen Ausnahme: Man unterfährt mit einer Linie den Hauptbahnhof, und hat dort eine einzige unterirdische Haltestelle. Straßburg ist wie eigentlich alle französischen
Projekte, ob in Le Mans, Mulhouse, in Nantes oder in Nizza, von sehr hoher gestalterischer Qualität. Man hat da einen Gleichklang von Fahrzeug, Infrastruktur, höhengleiche
Einstiege. Französische Projekte sind am wenigsten verkehrliche Projekte, die sind immer viel mehr städtebauliche Projekte. Und überall fährt die Straßenbahn im Prinzip "über den
Marktplatz" und nicht unter ihm.
ka-news: Einer von drei Professoren, die 2002 ein Gegenmodell zur Kombilösung vorstellten, meinte damals, man habe das Gefühl, "ganz Baden-Württemberg müsse in Karlsruhe
über den Marktplatz fahren".
Kühn: Ich sage eigentlich immer, wenn ich einer Besuchergruppe Karlsruhe und das Stadtbahnmodell hier zeige, 1913 habe man den Hauptbahnhof vom Ettlinger Tor - dort wo
heute das Staatstheater steht - zu seinem heutigen Platz verlegt, um eine städtebauliche Hürde zu beseitigen. Mittlerweile, dank des Karlsruher Modells, haben wir den
Hauptbahnhof jetzt am Marktplatz. Jetzt versucht man die heute neuerlich bestehende Hürde auch wieder zu beseitigen und geht in den Tunnel. Es bleibt die Frage im Raum
stehen, ob es wirklich nötig war, das System so stark zu expandieren, so dass diese Problematik, wie sie sich heute darstellt, erst entstanden ist. Da wurde aus meiner Sicht ein
unkontrolliertes Wachstum betrieben, ohne zu sehen was für innerstädtische Konsequenzen man sich damit aufhalst.
(Interview: Stefan Jehle)
___________________
Zur Person des Interviewpartners: Axel Kühn ist seit 2002 als selbständiger Berater zu ÖPNV-Fragestellungen im In- und Ausland tätig. Der ehemalige VBK-Mitarbeiter, der
zwischen 1986 und 1996 auch an der ersten Variante der U-Strab mitarbeitete, war 1996 bis 2002 Prokurist und Bereichsleiter einer Beratungstochter der Karlsruher
ÖPNV-Unternehmen und der ptv AG in Karlsruhe. Heute macht Kühn vielfältige Planungen im Mischbetrieb Straßenbahn/Eisenbahn, so genannte "Tram-Train", wie dies auch
in Karlsruhe betrieben wird.
Das so genannte Karlsruher Modell hält er nicht für die Meta-Lösung, die - wenn man sie nachahmt - alles gut werden lässt. Dieter Ludwig habe, so erzählt er, das Karlsruher Modell
auch schon gelegentlich als "billige S-Bahn" propagiert. Nach dem Motto, wir machen das gleiche wie die großen Städte, aber ohne Tunnel, und deshalb habe man die "billige
S-Bahn". Diese Argumentation sei spätestens jetzt ad absurdum geführt, bei einem System, das dann als Nachschlag doch noch einen teuren Tunnel benötigt.
Aktuelle Arbeitsgebiete von Kühn liegen in Aarhus/Dänemark, vergleichbar von der Größe mit Karlsruhe, bislang ohne Straßenbahn, wo jetzt ein reines Stadtbahnprojekt geplant
wird; in Stavanger/Norwegen hatte er 1998 zunächst eine "Kombibane" (Mischbetrieb) vorgeschlagen, jetzt nach intensiven Alternativuntersuchungen auf dem Weg zum reinen
Straßenbahnprojekt (dort gab es ein Umdenken); oder in Bergen/Norwegen, der bisher einzigen Neubaustrecke einer Straßenbahn in Skandinavien, die derzeit in Bau ist, und
dieses Jahr in Betrieb geht. Vor einigen Jahren war Kühn in Brüssel - für die Verkehrsbetriebe - an einer größeren Studie beteiligt, die zum Ergebnis kam, dass ein Mischbetrieb wie
in Karlsruhe für Brüssel nicht sinnvoll wäre.

 


Aussagen der KASIG zu Kapazität des Tunnels verlieren weiter an Glaubwürdigkeit
Mittwoch, 16. Juni 2010

Nachdem die KASIG die Ergebnisse des Vieregg-Rössler-Gutachten zu im Tunnel zu erwartenden Kapazitätsproblemen nicht mit Fakten widerlegt sondern einfach nur abgestritten hat, zeigen sich nun schon in der ersten echten Baustellenwoche eklatante Mängel im Baustellenmanagement. Offenbar hat man die Kapazität der baustellenbelasteten Kaiserstraße überschätzt als man entschied, die Linien 2 und 6 zusätzlich durch das Nadelöhr zu schicken, das ja schon vorher als überlastet galt und damit überhaupt erst die Begründung für das Projekt „Kombilösung" geliefert hat.

Die Landtagsabgeordneten Gisela Splett und Renate Rastätter sehen durch die aktuellen Probleme die Glaubwürdigkeit der KASIG-Aussagen als schwer beschädigt an: „Wer jahrelang behauptet hat, man werde das Baustellenmanagement im Griff haben und dann schon gleich zu Beginn derartige Straßenbahnstaus produziert, dem kann man Prognosen zur Leistungsfähigkeit des fertigen Projekts kaum noch abnehmen." Splett und Rastätter erinnern daran, dass die Grünen sich dafür eingesetzt hatten, den Umbau der Kriegsstraße vorzuziehen - das hätte auch den späteren Umbau der Kaiserstraße erleichtert.

Im Übrigen, so Splett, sei ihrer Kenntnis nach noch immer keine aktuelle Kosten-schätzung bei den Zuschussgebern Land und Bund eingegangen. Dies sei für sie vollkommen unverständlich. Die Stadt baue ohne aktuellen Bewilligungsbescheid und riskiere damit, auf den enormen Baukosten sitzen zu bleiben.


Mit großer Sorge um unseren ÖPNV beobachtet das Bündnis die Vorarbeiten für die U-Strab in der Kaiserstraße. Es geht um nichts weniger als um die Akzeptanz und die Zukunftsfähigkeit eines der besten Nahverkehrssysteme Deutschlands. Jetzt rächt sich, dass die Forderung ‚Kriegsstraße zuerst’ nicht umgesetzt wurde. Das hätten die Planer bedenken müssen, denn nun gibt es keine Süd-Umfahrung bei Störungen, so dass letztlich jede kleine durch den Bau bedingte Verspätung sich zu einem Straßenbahnstau in der Kaiserstraße und darüber hinaus auswächst. Auch die Baustelleneinrichtungsplanung und -begleitung lässt nichts Gutes für die Zukunft erwarten. „Und jetzt auch noch zusätzliche Linien in die Kaiserstraße zu bringen“ so Harry Block stellvertretend für das Bündnis, „ist einfach nicht mehr nachvollziehbar. Von teuren Fachleuten dürfen wir doch erwarten, dass ihre Fahrpläne so ausgelegt sind, dass sie bei Störungen nicht sofort zu gigantischen Staus führen, so dass das Vertrauen in den ÖPNV so wenig wie möglich Schaden nimmt.“

Die aktuellen Behelfshaltestellen sind katastrophal für ältere Menschen und Behinderte, in der Hauptverkehrszeit ist der Fahrplan nichts mehr wert, Informationen werden nicht gegeben und Umfahrungen werden nur sehr kurzfristig angegeben. Zusätzlich kamen dem Bündnis Klagen von Straßenbahnfahrern zu Ohren, dass ihre Ruhezeiten durch die Verspätungen nicht mehr eingehalten werden können. Kurz - der Zustand unseres ÖPNV ist derzeit mehr als beklagenswert. Zudem führen die vorbereitenden Baumaßnahmen rund um den Euro bereits jetzt schon zu massiven Verlusten bei den dort ansässigen Läden und Firmen. Nach Informationen, die dem Bündnis vorliegen, kam es schon zu Umsatzeinbußen zwischen 20% und 50% und ein Betrieb musste bereits MitarbeiterInnen entlassen. Dabei hat der Bau noch gar nicht richtig begonnen. Anstatt unsinnige 7 Millionen Euro für die Akzeptanz-Werbung der U-Strab auszugeben, sollte sofort eine behelfsmäßige Umfahrung der Kaiserstraße über die Kapellenstraße, Baumeisterstraße mit ins Auge gefasst werden und der Bau der Südostbahn mit allem Nachruck durchgeführt werden. Es darf kein weiterer, schwerer Schaden des ÖPNV unserer Stadt erfolgen. Der Gemeinderat und der Aufsichtsrat der KASIG müssen nun aktiv werden. So kann es nicht weitergehen.

Aussagen der KASIG zu Kapazität des Tunnels verlieren weiter an Glaubwürdigkeit
Mittwoch, 16. Juni 2010
Nachdem die KASIG die Ergebnisse des Vieregg-Rössler-Gutachten zu im Tunnel zu erwartenden Kapazitätsproblemen nicht mit Fakten widerlegt sondern einfach nur abgestritten hat, zeigen sich nun schon in der ersten echten Baustellenwoche eklatante Mängel im Baustellenmanagement. Offenbar hat man die Kapazität der baustellenbelasteten Kaiserstraße überschätzt als man entschied, die Linien 2 und 6 zusätzlich durch das Nadelöhr zu schicken, das ja schon vorher als überlastet galt und damit überhaupt erst die Begründung für das Projekt „Kombilösung" geliefert hat.

Die Landtagsabgeordneten Gisela Splett und Renate Rastätter sehen durch die aktuellen Probleme die Glaubwürdigkeit der KASIG-Aussagen als schwer beschädigt an: „Wer jahrelang behauptet hat, man werde das Baustellenmanagement im Griff haben und dann schon gleich zu Beginn derartige Straßenbahnstaus produziert, dem kann man Prognosen zur Leistungsfähigkeit des fertigen Projekts kaum noch abnehmen." Splett und Rastätter erinnern daran, dass die Grünen sich dafür eingesetzt hatten, den Umbau der Kriegsstraße vorzuziehen - das hätte auch den späteren Umbau der Kaiserstraße erleichtert.

Im Übrigen, so Splett, sei ihrer Kenntnis nach noch immer keine aktuelle Kosten-schätzung bei den Zuschussgebern Land und Bund eingegangen. Dies sei für sie vollkommen unverständlich. Die Stadt baue ohne aktuellen Bewilligungsbescheid und riskiere damit, auf den enormen Baukosten sitzen zu bleiben.

 

Leserbrief aus den BNN

Leserbrief zum BNN-Bericht über die Überlastung der Straba-Fahrer v. 5.2.10

Es war schon lange klar, dass die Überfrachtung der Fahrpläne unserer Straba und die enorm dichte Zugfolge auf den Hauptstrecken mit dem nicht zu verantwortenden Dauerstress-Zustand der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der VBK in und außerhalb der Fahrerkabine erkauft werden müssen. Dass dieser verordnete, zumindest aber geduldete Zustand, zu Unfällen mit schlimmen Folgen führen kann, wurde vom Management der VBK offensichtlich nicht berücksichtigt, nicht abgestellt, mit der Folge, dass die Betroffenen jetzt diese Überlastung öffentlich beklagen müssen.
Fragen wir uns doch, wie es vergleichsweise wäre, wenn im Bereich des Hochbaus die Unfallhäufigkeit in Schulbauten so zunehmen würde, dass immer wieder Bauteile zusammenfallen, Decken oder Zimmertüren Schüler unter sich begraben, Elektroinstallationen Stromschläge verteilen würden. Wie lange würde die entscheidende Konzernspitze an seinem städtischen Baumanager, der dies nicht verhindern kann, vertrauensvoll festhalten? Wie lange könnten sich beide halten?
Wir fragen uns doch, ob sich die Management-Versäumnisse der VBK auch auf die Sicherheit im Kaiserstraßentunnel hochrechnen lassen. Und ob das von Experten erwartete Auffüllen der Lücken in den Kostenermittlungen den städtischen Haushalt für einJahrzehnt und länger strangulieren werden? Den aktuellen Focus-Bericht zum Finanznotstand des direkt vergleichbaren Leipziger U-Strab-Tunnels könnten wir dann wörtlich übernehmen . Wir müssten lediglich“ Leipzig“ durch“ Karlsruhe“ ersetzen. Wie heisst es dort gleich:“Der Bau des Leipziger (Karlsruher)Tunnels dauert wesentlich länger als geplant...(der zuständige)... FDP Minister sagte, die Experten hätten mitgeteilt, dass selbst bei engster Verzahnung der Bauabläufe der bisher genannte Termin ( ursprünglich 2009, jetzt 2013) nicht zu halten sei...Wegen der neuerlichen Verzögerungen droht sich das Vorhaben nun weiter zu verteuern. Nach ursprünglichen Plänen waren für das Projekt 572 Millionen Euro(!)
veranschlagt gewesen. Im Herbst war dann die Zahl deutlich auf 900 Millionen nach ober korrigiert worden. Als Gründe der Kostenexplosion wurden...unvorhergesehene Baugrundprobleme, Pfusch und höhere Sicherheitsanforderungen auch als Konsequenz ...von Köln genannt.“
Glückwunsch Karlsruhe!

 

Kapazitätsprobleme des Tunnels: Warum nicht endlich mit offenen Karten spielen?

Donnerstag, 11. Februar 2010
Herr Oberbürgermeister, die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht endlich informiert zu werden. Wie sonst können Kapazität, Bau- und Folgekosten sowie die Wirtschaftlichkeit des Tunnels nachvollzogen werden? Wir erwarten jetzt Antworten und keine Phrasen.
Sogar der ehemalige Ministerpräsident Oettinger hat unlängst beim Spatenstich eine immer noch offene Frage endlich beantwortet. Oettinger bestätigte zwar die Förderzusage des Landes von 100 Millionen Euro, gleichzeitig wies er aber darauf hin, dass es darüber hinaus keinen Zusageautomatismus gebe, sondern lediglich, dass das Land im Falle eines höheren Förderbedarfs zu Gesprächen bereit sei. Für den seitens der Stadt immer wieder bemühten Förderanteil des Landes von 20 % an den, gemäß Schätzung vom Dezember 2008, 588 Millionen Euro Baukosten, müsste das Land nun schon insgesamt 117,6 Millionen Euro beisteuern. Also haben sich noch vor Baubeginn die Forderungen an den landesweiten Fördertopf erhöht. Monatelang wurde behauptet, die Förderung der „Kombilösung“ sei auch bei Budgetüberschreitung unendlich gesichert, dieser Aussage wurde beim Spatenstich erneut deutlich widersprochen.

Nach der ersten Veröffentlichung des unabhängigen GRÜNEn-Gutachtens, in dem unter anderem auch eine solide Finanzplanung des Tunnels bescheinigt wurde, hat sich unser Oberbürgermeister gerne öffentlich dieser Tatsache bedient. Die enormen Folgekosten wurden jedoch einfach unter den Tisch gekehrt, obwohl das Münchner Büro Vieregg & Rössler diese detailliert und nachvollziehbar offengelegt hat. Nachdem der Haushalt der Stadt Karlsruhe in dieser Woche nochmals eine Abmahnung vom Regierungspräsidium erhalten hat, ist es geradezu fahrlässig ein solches Projekt weiter zu verfolgen und damit den Stadthaushalt für die nächsten 20 Jahre komplett zu blockieren.
Und was nutzt eine solide Finanzplanung, wenn die Leistungsfähigkeit des Tunnels nach jetzigem Planungsstand bei weitem nicht ausreicht, wie es das, vom BUND in Auftrag gegebenen, Gutachten nachweist? Dazu gibt es weder eine Stellungnahme noch den Ansatz einer fairen Bemühung, die Geheimniskrämereien zu beenden und endlich brauchbare Informationen zu präsentieren.
Von den derzeit 48 verkehrenden Bahnen auf einem Gleis pro Stunde würden es nach Fertigstellung nur noch 33 Bahnen sein. Und sogar diese Anzahl könnte es nicht ohne Verspätungen in der vorgegebenen Zeit durch den Tunnel schaffen. Von einer Verbesserung für die Effizienz des ÖPNV kann keine Rede mehr sein.
Es ist unverantwortlich die Verkehrsdichte der Straßenbahnen in der Kaiserstraße jahrelang zu dulden, um den Karlsruhern als einzig hilfreiches Mittel immer wieder nur den Tunnel zu präsentieren.
„Die Unterschriften der Bürgerinnen und Bürger waren ein Seismograph für die
Stimmungslage und Verhältnisse in Karlsruhe“, so Harry Block, Vertreter der Bürgerinitiative ‚Stoppt den Stadtbahntunnel’. „Das Thema bewegt nach wie vor die Karlsruher Bevölkerung“.
Hochglanzbroschüren, Promis und Kinder sind aber nicht das Maß an Information, das einen fairen Dialog fördert und Bürgerinnen und Bürger in ein Projekt dieser Größenordnung mit einbezieht.
Wir fordern eine nachhaltige und zukunftsfähige Planung für unseren öffentlichen Verkehr und wenn es nicht anders geht – Reißleine ziehen, Projekt stoppen, kurzfristige Erleichterungen für die Kaiserstraße endlich umsetzen und eine vernünftige Planung für eine oberirdische Kriegsstraße vorlegen.
Oberbürgermeister Fenrich hat diese Woche betont, dass Sparen in Karlsruhe in den nächsten Jahren zur Daueraufgabe werden wird. Seinen Appell „Wir müssen alles auf den Prüfstand stellen“ sollte er nun auch dringend auf die U-Strab beziehen.

 

„Ihr seid das Salz der Erde. ...“

Eine in den BNN nicht veröffentlichte Antwort auf den Leserbrief von Frau Kuntze vom 19.12.2009 zum Leserbrief "Vorsicht, Demokratie!" )

Wir Karlsruher sind einmalig! Unserem Gemeinderat und der Rathausspitze ist es immer gelungen, alles durchzusetzen. Ob mit oder gegen die Bürger. Wir haben doch nicht wie die Schweiz die Tradition der Volksentscheide. Leider. Ein Ansporn, sich von obrigkeitsstaatlichem Verhalten frei zu machen.

Mit „Wir sind das Volk“ lehnten sich die Leipziger gegen den Wahlbetrug der etablierten Politik auf. Wieso sollten unsere Repräsentanten glaubhafter sein?
Willensäußerungen des eigentlichen Souveräns werden als barbarische Relikte aus der Steinzeit der Demokratie und „grotesk“ abgetan.
Ihre Selbstherrlichkeit belegt die Rathauselite mit den sieben Todsünden, ihren Nachkriegsprojekten: Danach sind die Wettbewerbssieger Kaiserstraße, Altstadtsanierung, Fritz-Erler-Straße und Kronenplatz genau so Superstar wie die Kriegstraße, das Müllverschwelungswerk und die Messe auch ohne diese illustre Kür.

Die dreimalige Verlagerung des Bahnhofs ist wunderlicher. Mit der Einweihung 1843 wurde klar: Er liegt falsch, zerschneidet die Stadt. Nach der Eröffnung des Neubaus 1913 stellte sich trotz der vielen Anstrengungen heraus: Er liegt zu weit vom Zentrum. Statt der Gleise trennt heute eine Stadtautobahn die Stadt.

Bundesbahnpräsident BUBEL hat auf die für die BRD seltene Möglichkeit zur gemeinsamen Nutzung der Bahn- und Straßenbahngleise hingewiesen. Die Rückverlagerung der besonders verkehrsreichen Regionalbahnhofsfunktion in die Kaiserstraße aber verdanken wir dem Geistesblitz des Leiters der Verkehrsbetriebe LUDWIG. Was nunmehr die Isolation und Provinzialität zementiert, feiert die Stadt als Triumph. Sie vergisst dabei: Sie ist zum rückständigen Zentralnetz mit geringem Fassungsvermögen verdammt. Mit rund 900 und häufig mehr Bahnen am Tag schon jetzt bis über die Grenze belastet ist das Zentralnetz die am wenigsten nachhaltige Netzform.

Gedränge ist in der Dramaturgie der nunmehr täglich aufgeführten LUDWIG-FENRICH-Festspiele die Schlüsselszene. Es darf nicht etwa als Signal für den Umbau in ein deutlich leistungsstärkeres Maschennetz missdeutet werden. Vielmehr leiten aus ihr die VBK und Rathausbürokratie, von der Presse blind unterstützt, die Zwanghaftigkeit ihrer U-Strab-Lösung ab.

Koste es, was es wolle. Von fast 400 Millionen DM ist die angesagte Bausumme bereits auf fast 600 Millionen € angewachsen. Sie und voraussichtlich noch viel mehr zu zahlen hat aber das Volk!

Darf es nicht fragen wofür? Eine Aussprache über die 18 z.T. professionellen Alternativen nicht fordern?

Darum einen Bürgerentscheid. Er ist zulässig. Warum nur zeigt sich KUNTZE empört über die Unbotmäßigkeit des Volkes? Was liegt ihr denn an der Politik der Paragraphenreiter; der Farce eines kleinkarierten Legalismus? Die Beschwörung des Artikel 20 „Alle Gewalt geht vom Volke aus“ ist so gesehen makaber. Sie kostet den Verlust an Glaubwürdigkeit. FENRICHS Appell zu Gemeinsinn und Verbrüderung ist anmaßend.

„Ihr seid das Salz der Erde. Wo nun das Salz dumm wird, womit soll man's salzen? Es ist hinfort zu nichts nütze, denn das man es hinausschütte und lasse es die Leute zertreten.“
Matth. 5, 13

Franz Eschbach

 

Parsa Marvi Bundestagsabgeordneter vor Ort